Märk-Rohrer, Linda (2020): Sorge tragen. Care-Arbeit, Wohlfahrtsstaat und Geschlechterverhältnisse in Liechtenstein. Bendern (Arbeitspapiere Liechtenstein-Institut, 64).

Abstract

Das bürgerliche Alleinverdienerfamilienmodell ist in den letzten Jahren vielerorts abgelöst worden von einem „adult worker model“. Diese Umbrüche in der Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern haben auch Konsequenzen für die Organisation der unbezahlten Care-Arbeit. Sie haben beispielsweise zu Lücken in der Versorgung mit Care-Arbeit geführt, die mit unterschiedlichen Strategien gefüllt werden können. Einerseits über eine staatliche Kompensation, andererseits über einen Ausbau des Dienstleistungssektors im Bereich der bezahlten Care-Arbeit oder aber durch einen verstärkten Einbezug der erweiterten Familie oder eine gleichmässige Verteilung der Care-Aufgaben zwischen den Geschlechtern. Welches Kompensationsmodell ein Land für die Schliessung der Care-Lücke wählt, ist abhängig von der Ausgestaltung des jeweiligen Wohlfahrtsstaates, von der geschlechtlichen Arbeitsteilung ebenso wie von den vorherrschenden Rollenbildern.

In Liechtenstein gibt die Familienumfrage von 2018 erstmals Auskunft für alle Familien mit Kindern unter 12 Jahren über die Verteilung der unbezahlten Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern sowie das Verhältnis von bezahlter und unbezahlter Care-Arbeit. Die Umfrage zeigt, dass Care-Arbeit nach wie vor ein Teil der geschlechtlichen Identität von Frauen in Liechtenstein darstellt und Frauen trotz gestiegener Erwerbs- und Ausbildungschancen häufig an der geschlechtlichen Arbeitsteilung festhalten.

Schlagwörter: Liechtenstein, Care-Arbeit, Unbezahlte Arbeit, Chancengleichheit, Wohlfahrtsstaat, Rollenbilder, maternal gatekeeping, Frauenerwerbstätigkeit, Kinderbetreuung, Hausarbeit, Pflege

 

The male breadwinner/ female homemaker model has been replaced in many places by an “adult worker model”. These upheavals in the employment of women and men also have consequences for the organisation of unpaid care work. For example, they have led to gaps in the provision of care work, which can be filled with different strategies. On the one hand through state compensation, on the other through expansion of the service sector in the area of paid care work, or through increased inclusion of the extended family or equal distribution of care tasks between the sexes. Which compensation model a country chooses for closing the care gap depends on the design of the respective welfare state, the gender division of labour as well as the prevailing role models. In Liechtenstein, data from the family survey provide information for the first time on all families with children under 12 years of age, on the distribution of unpaid care work between the sexes, and on the ratio of paid to unpaid care work. They show that care work continues to be a part of the gender identity of women in Liechtenstein and that, despite increased employment and training opportunities, they frequently adhere to the gender division of labor.

Keywords: Liechtenstein, care work, unpaid work, equal opportunities, welfare state, gender roles, maternal gatekeeping, female employment, childcare, housework, care of the elderly