Verheerender Rheinbruch oberhalb von Vaduz

28.06.2021 - Vor 175 Jahren
Vor 175 Jahren, am 28. Juni 1846, überschwemmte der Rhein die Wuhre oberhalb von Vaduz und überdeckte eine Fläche von etwa zwölf Quadratkilometern mit hoch angehäuftem Geschiebe. Die darauf folgende Wirtschaftskrise führte zu einer der letzten Hungersnöte Liechtensteins.

Das Wasser reichte in Vaduz bis an die Landstrasse unterhalb des Schlossfelsens. Die Rheinebene bis nach Mauren stand sechs Wochen unter Wasser. Allein der Schaden an zerstörten Feldfrüchten betrug circa 100 000 Gulden, die verwüsteten Gründe und zerstörten Wuhrbauten nicht miteingerechnet. Rund 300 Einwohner waren vom Rheinbruch direkt betroffen und der Nahrungsmittel für Mensch und Vieh ganz oder teilweise beraubt.

Unter dem Vorsitz von Landesvikar Jakob Anton Carigiet konstituierte sich ein Hilfsverein, um die Ärmsten mit Geld und Naturalien zu unterstützen. Fürst Alois II. unterstützte den Hilfsverein mit 750 Gulden und traf weitere Sofortmassnahmen: Das Oberamt gewährte Vorschüsse, um die schlimmste Not zu lindern, für Wuhrbauten wurden die Überschüsse aus den Zoll- und Weggeldeinnahmen zur Verfügung gestellt, das Rentamt schob seine Forderungen an Geschädigte vorläufig hinaus und der Bundestagsgesandte Johann Adolf von Holzhausen wurde angewiesen, einen Aufschub der für 1846 vorgesehenen Militärkontingentsinspektion zu erwirken. Der Fürst, der sich im August 1847 bei einem Besuch persönlich von der allgemeinen Not überzeugen konnte, erreichte ausserdem bei Österreich die provisorische Aufhebung des erhöhten Getreideausfuhrzolls nach Liechtenstein.

Trotz aller Hilfsmassnahmen führte die Überschwemmung zu einer Wirtschaftskrise und einer Hungersnot, die bis 1847 dauerten. Die Hungersnot war ein Mitgrund für die erste liechtensteinische Auswanderungswelle nach Nordamerika, die bis 1855 anhielt und rund 250 Personen umfasste.

Zur Abbildung: Sicht auf Schloss und Dorf Vaduz. Gouache über Radierung von Louis Bleuler (1792–1850), entstanden um 1830. Im Hintergrund Landwirtschaftsflächen am frei fliessenden Rhein (Liechtensteinisches Landesmuseum, Vaduz, Sammlung Adulf Peter Goop, Foto: Landesmuseum, Sven Beham.

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