Panel an der 6th World Conference of the International Federation for Public History

22 Aug 2022 - News
Wegen Corona um zwei Jahre verschoben fand vom 16. bis 20. August an der Freien Universität Berlin die sechste Weltkonferenz der International Federation for Public History (IFPH) als Präsenzveranstaltung statt. Stephan Scheuzger hat dabei ein Panel zum Thema «Tensions of Historical Research and Dealing with the Past: Commissioned History and Knowledge Production with and for the Public» organisiert und geleitet.

Ausgehend von der basalen Definition von Public History als Geschichte für und in der Öffentlichkeit, war es das Ziel des Panels, Ausprägungen einer grundlegenden Spannung in den Anstrengungen zur Aufarbeitung von historischem Unrecht zu diskutieren. Mit derartigen Aufarbeitungsaufgaben werden vielfach Kommissionen beauftragt: parlamentarische Untersuchungskommissionen, historische Expertenkommissionen oder Wahrheitskommissionen. Ziel der Arbeit dieser Kommissionen ist es, zuhanden der Öffentlichkeit evidenzbasiertes, mit wissenschaftlichen Methoden und einem Objektivitätsanspruch produziertes Wissen zu erarbeiten und zu präsentieren, um ihre politische Funktion zu erfüllen: in der Gesellschaft einen minimalen Konsens darüber herzustellen, was sich in der Vergangenheit ereignet hat. Zu dieser Tätigkeit gehört vielfach gleichzeitig, dass die Kommissionen auch beteiligte Akteure und Akteurinnen, insbesondere vom untersuchten Unrecht Betroffene, zu Wort kommen lassen. Diese abgelegten Zeugnisse sind ihrerseits in hohem Masse subjektiv. Damit stehen solche gedächtnisbasierten Repräsentationen des Vergangenen zwangsläufig in einem Spannungsverhältnis zu der notwendig auf Objektivität ausgerichteten Wissensproduktion der Kommissionen.

Wie Kommissionen zur Aufarbeitung kontroverser Vergangenheit mit dieser Spannung umgegangen sind, hat sich das Panel vorgenommen, am Beispiel von verschiedenen Kommissionstypen zu behandeln. Stephan Scheuzger hat dies im Fall der sogenannten Wahrheitskommissionen getan («Giving a Voice to People Who Did not Have a Voice Before? The Role of Testimonies in Truth Commissions’ Production and Presentation of Knowledge about the Past»), Prof. Dr. Annette Weinke von der Universität Jena anhand der bundesdeutschen Enquete-Kommissionen zur Aufarbeitung von Unrechtserfahrungen in der DDR («Doing History, Performing Authenticity: The Role of Activist-Historians and Victim-Witnesses in the Bundestag Commissions of Inquiry into the History of the SED Dictatorship»). Dr. Loretta Seglias, ehemalige Forschungsbeauftragte am Liechtenstein-Institut, war vorgesehen, das Beispiel der schweizerischen Unabhängigen Expertenkommission Administrative Versorgungen zu der Diskussion beizutragen («In Co-operation with the People Concerned? The Work of the Independent Expert Commission on Administrative Detention in Switzerland (2015–2019)»). Leider war sie aus familiären Gründen gezwungen, ihre Teilnahme kurzfristig abzusagen. Auf der Grundlage der Beiträge soll eine Publikation realisiert werden.