Das Coronavirus – Eine Herausforderung für den Schutz der Grundrechte

17 Feb 2021
Covid-19 fordert Todesopfer, greift die physische und psychische Gesundheit an und gefährdet das Funktionieren des Gesundheitswesens. Auch die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus können die Gesundheit beeinträchtigen. Im Zentrum der soeben in der Schweizer Online-Zeitschrift «Jusletter» veröffentlichten rechtwissenschaftlichen Publikation von Patricia Schiess steht die Pflicht des Staates, zwischen dem erwarteten Schutz durch die Einschränkungen und der vermuteten Belastung durch Massnahmen abzuwägen und ihre negativen Auswirkungen abzufedern.

Fehlende Kontaktmöglichkeiten wegen der Beschränkung auf fünf Personen im öffentlichen Raum und bei Veranstaltungen im Familien- und Freundeskreis, Unsicherheit und finanzielle Probleme von Unternehmerinnen und Unternehmern und ihren Angestellten, wenn der Betrieb geschlossen bleiben muss, Spannungen in Familien, weil ihre Mitglieder wegen Homeoffice und ausfallenden Sporttrainings enger aufeinander sitzen – all diese Begleiterscheinungen der Coronapandemie sind der Gesundheit nicht zuträglich.

Patricia Schiess lotet die Pflicht des Staates aus, zwischen dem erwarteten Schutz für Risikogruppen, für das medizinische und pflegende Personal und für das Funktionieren der Spitäler auf der einen Seite und der vermuteten Belastung durch Massnahmen auf der anderen Seite abzuwägen und die negativen Auswirkungen der Grundrechtseinschränkungen abzufedern. Ihr Beitrag trägt denn auch den Titel «Der Schutz von Gesundheit und Gesundheitswesen. Die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus gemäss liechtensteinischem Recht».

Liechtenstein steht dabei vor denselben Herausforderungen wie seine Nachbarländer, weshalb die Untersuchung auch aktuelle Gerichtsurteile aus der Schweiz, Deutschland und Österreich darstellt. Gerade für einen Kleinstaat wie Liechtenstein sind während einer Pandemie der Informationsaustausch und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit seinen Nachbarstaaten sehr wichtig. Der Aufsatz geht deshalb auf Beispiele ein, in denen unterschiedliche Regelungen in Liechtenstein und der Schweiz gerechtfertigt sind, und auf Bereiche, in denen sich parallele Regelungen als sinnvoll erweisen. Abgeschlossen wird der Beitrag mit Hinweisen auf die besonderen Chancen und Herausforderungen, die sich Liechtenstein wegen seiner Grösse stellen. Stichwörter hierbei sind die Grenzgängerinnen und Grenzgänger, die Einweisung von Liechtensteiner Patientinnen und Patienten in Schweizer Spitäler und die Tatsache, dass der Landtag des Fürstentums Liechtenstein seit Ausbruch der Pandemie jederzeit voll funktionsfähig war und seine Rolle als Kontrolleur der Regierung wahrgenommen hat.

Abgeschlossen wurde die Arbeit an diesem Beitrag Ende Januar. Das heisst, dass er die unter dem Stichwort «Winterruhe» gefällten Verschärfungen und ihre Verlängerung bis zum 28. Februar 2021 zum Gegenstand hat. Werden Lockerungen aus epidemiologischer Sicht möglich, ist aus menschenrechtlicher Perspektive klar, wer zuerst von ihnen profitieren soll: Diejenigen Menschen, die durch die aktuellen Einschränkungen am stärksten in der Ausübung ihrer Grundrechte beeinträchtigt sind, insbesondere weil die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus ihre physische und psychische Gesundheit gefährden.