ABGESAGT: «Stunde Null» 1945? Deutschland zwischen Krieg und Frieden

Lecture series:
Kriegsende und Nachkriegszeit – Konturen einer neuen Ära
Date:
20 May 2020, 18:30 - 20:00
Location:
Liechtenstein-Institut
St. Luziweg 2
Auf dem Kirchhügel
LI 9487 Gamprin-Bendern

Referent
Dr. Sven Keller, Historiker, Leiter der Dokumentation Obersalzberg in Berchtesgaden und Abteilungsleiter am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ)

 

Zur Vortragsreihe
Am 8. Mai 1945 erfolgte die bedingungslose Kapitulation Deutschlands. Damit endete der unmittelbare Schrecken des Zweiten Weltkrieges in Europa. Die menschlichen und moralischen Tragödien sowie die politischen und wirtschaftlichen Lasten des Krieges beschäftigten die kriegsbetroffenen Menschen und Länder jedoch weit über das Kriegsende hinaus. Die Vorlesungsreihe des Liechtenstein-Instituts nimmt sowohl die Situation bei Kriegsende 1945 als auch die Verhältnisse und Entwicklungen in den ersten Nachkriegsjahren in den Blick: Markierte «1945» den Beginn einer neuen Ära?

 

Der erste Teil der Vortragsreihe thematisiert die Herausforderungen bei Kriegsende. Liechtenstein hatte unter anderem die Grenzsicherung und den Flüchtlingsandrang zu bewältigen, den Übertritt der 1. Russischen Nationalarmee und die Überführung der fürstlichen Kunstsammlung, das Ende der Rationierung und die innere «Befriedung». In Deutschland hatten die Probleme eine ganz andere Dimension: Niederlage und alliierte Besetzung, Flucht und Vertreibung, Besatzungsherrschaft und Hunger, Entnazifizierung, Konfrontation mit Kriegsverbrechen und Holocaust. Millionen ehemaliger Konzentrationslagerhäftlinge, Kriegsgefangener oder Zwangsarbeiter waren im ehemaligen Reichsgebiet gestrandet.

 

Der zweite, interdisziplinäre Teil der Vortragsreihe widmet sich der Frage, inwiefern die Jahre nach 1945 in Liechtenstein eine Zeit des beschleunigten politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels darstellten. Eingegangen wird u.a. auf die innenpolitischen Auseinandersetzungen und die ersten Bemühungen um eine aussenpolitische Öffnung, auf die Schichtung der liechtensteinischen Gesellschaft im Übergang von der Agrar- zur Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, auf die volkswirtschaftliche Entwicklung zwischen Mangelwirtschaft und Überhitzungserscheinungen sowie auf die rechtliche Kompetenzverteilung zwischen Regierung und Landtag bei den wirtschaftlichen Weichenstellungen und auf die diesbezügliche Abhängigkeit von der Schweiz.